KÖLN, 22. Mai 2014
Dr. Harald Hubbes, MBA
Der weltweite Finanzberichterstatter Bloomberg hat am Morgen des 21. Mai unter „Top News“ detailliert von der Alternative für Deutschland berichtet. Die seit einem Jahr bestehende Partei stellt sich zur Europa-Wahl am Sonntag und befürwortet eine sofortige Einstellung der EZB-Programme für Staatsanleihenkäufe (Outright Monetary Transactions OMT – Kauf kurzfristiger Staatsanleihen zur gezielten Kursunterstützung in Krisensituationen) und insbesondere eine geordnete Auflösung des Euro. Die Partei gewinnt an Zulauf durch die zunehmend besser informierte Wählerschaft: Aus 10 Wählerbefragungen seit dem 14. März durch 4 unterschiedliche Institutionen wird ein Ergebnis zwischen 6% und 7% erwartet. Deshalb sehen die Autoren des Berichts speziell einen Zusammenhang mit jüngsten ungewöhnlich kritischen Äußerungen von Herrn Schäuble zur Anleihenpolitik der EZB oder, wie Frau Merkel sich vorsichtig ausdrückt, der täuschenden Ruhe an den europäischen Finanzmärkten. Deutsche Politiker wollen die tief schlummernden Risiken für den Steuerzahler anscheinend doch nicht in Gänze herunterspielen. Ein Verdienst der stärker werdenden AfD.
Tatsächlich liegen aktuell die Finanzierungskosten der besonders von der Euro-Krise betroffenen Länder (Italien, Spanien etc.) auf nie geahntem, niedrigem Niveau – inzwischen bei etwa 3%. Daher spricht Frau Merkel von „ruhigen Finanzmärkten“. Primäre Ursache dafür ist nach allgemeiner Meinung der berühmte Ausspruch von Herrn Draghi vor ein paar Jahren, er wolle „alles tun“, um den Euro zu retten. Fraglich ist hier nicht nur, wer diese Anleihen bei diesen Renditen (und trotzdem noch bestehenden Risiken) jetzt noch kauft, sondern auch, ob die betreffenden Länder diese vielleicht letzte Chance für eine Haushaltskonsolidierung nutzen können. Der Euro macht es ihnen schwer, bei dem in den betreffenden Ländern anhaltend niedrigem Wirtschaftswachstum die chronisch hohe Arbeitslosigkeit zu verringern.
Schäuble sagte am 30. April in Bielefeld klipp und klar, er würde den EZB Präsidenten beim OMT-Programm nicht decken wollen. Da hat er allerdings auch gut reden, denn das Programm, dessen Rechtmäßigkeit vom Deutschen Verfassungsgericht in Frage gestellt worden ist und zurzeit von dem höchsten EU-Gericht unter die Lupe genommen wird, ist noch zu keinem Zeitpunkt aktiviert worden. Ebenfalls kritisiert Schäuble das Programm zum European Stability Mechanism ESM. Am 6. September letzten Jahres verkündete die EZB, dass sie – um dieses Programm operativ zu machen – Staatsanleihen auf dem „Primary Market“ kaufen müsste. Das ist gleichbedeutend mit direkter Kreditvergabe an Staaten, ein unmittelbarer Verstoß gegen Statuten der EZB. Schäuble versteht das, verkündet aber am 30. April in Bielefeld leichtfüßig, der ESM sähe Käufe von Staatsanleihen durch die EZB nicht vor. ESM-Entscheidungen werden von den Regierungen der am Euro beteiligten Ländern einstimmig beschlossen. Schäuble ist hier vertreten aber durch den Bundestag gebunden. Bloomberg hat angeblich zwei Mal beim Deutschen Finanzministerium um eine ausführlichere Stellungnahme dazu gebeten, leider vergeblich.
Die AfD sieht in den EZB-Programmen eindeutig eine Verletzung des Verbots von Staatsfinanzierung zum Schaden der Sparer und Pensionäre in allen Euroländern. Die Niedrigzinspolitik der EZB unterminiert unseren Wohlstand und Pensionen. Das ist absolut konträr zu dem was Frau Merkel ihren Wählern auf ihrer 14-Städte Kampagne vor der Europa-Wahl treuherzig verkündigt. Sie sagt: Wir haben es geschafft, dass das Vertrauen in Europa wieder gekommen ist. Wer aber hinter die Kulissen schaut und die Fakten im Auge behält (in den meisten Euro-Ländern weiter zunehmende Schulden trotz „Sparmaßnahmen“, weiter wachsende Arbeitslosenzahlen bei nahezu stagnierendem Wirtschaftswachstum), der ahnt, was uns noch blüht: Welche Alternativlosigkeit wird uns Frau Merkel dann verkaufen wollen?